Der Wert des Einzelnen
Entscheidender Auslöser für die Langzeitstudie »Values« war ein Besuch in Dubai im November 2006.
Während einer Podiumsdiskussion anlässlich meines Projektes »Was hältst du vom Westen?« wurde
ich immer wieder mit der Frage nach meinen eigenen Werten, bzw. nach allgemein westlichen Werten
konfrontiert. Da ich darauf keine klare Antwort geben konnte, machte ich mich nach meiner Rückkehr
nach Deutschland auf die Suche nach der Bedeutung des Begriffs »Werte«.
In bisher 15 durchgeführten Interviews befragte ich Menschen aus unterschiedlichsten Berufsgruppen
und Gesellschaftsschichten: Was sind Werte? Wie definierst du sie für dich selber? Welcher Wert ist
für dich persönlich wichtig? Und gibt es ein Ereignis in deinem Leben, das dich dazu brachte, dein
Wertesystem neu zu überdenken?
Zusätzlich bat ich die Befragten, mir einen Ort oder Gegenstand zu zeigen, der für sie einen wichtigen
Wert symbolisiert. Diesen Gegenstand und die jeweiligen Personen fotografierte ich.
Wie in meinen vorherigen Projekten auch benutzte ich dazu eine Camera Obscura.
Auf diese Weise versuchte ich, einen möglichst engen Bezug zu den Porträtierten herzustellen und
zugleich das sichtbar zu machen, was hinter der Oberfläche liegt.
Die elementare Technik der Lochkamera lässt eine Aufnahmesituation entstehen, bei der sich
Porträtierter und Porträtierender auf beinah meditative Weise näherkommen. Bei einer Belichtungszeit
von etwa einer Minute wird die Grenze zwischen Betrachter und Betrachtetem allmählich aufgelöst,
der Porträtierte verliert seine anfänglich aufgesetzte Pose, ein künstliches Lächeln erlischt, ein fester
Blick wird unsicherer.
Die Ergebnisse repräsentieren ein Raum-Zeit-Kontinuum. Sie eröffnen die Möglichkeit, das zu sehen,
was sonst hinter der Oberfläche verborgen bleibt.
Das Interesse an diesem tieferen Einblick ist auch der Grund, warum ich bei diesem Projekt Fotografie
und Ton kombiniere. Ähnlich der einminütigen Stille und Versunkenheit während der Aufnahme mit der
Lochkamera, wird der Rezipient beim Anhören der etwa 20-minütigen Interviews durch die Konfrontation mit einer anderen Perspektive auf sich selbst zurückgeworfen. So erfährt er nicht nur etwas über
die Porträtierten, sondern auch über seinen eigene Einstellung, wenn er die Fragen für sich selbst zu
beantworten versucht: Was sind eigentlich meine Werte? Ist diese Diskussion für mich relevant und
welche übergeordnete Bedeutung könnte ihr zukommen?
Die Arbeiten werden als rechteckige Leuchtkästen präsentiert, die symbolisch für den Begriff »Werte«
als Stolpersteine offen im Raum stehen: Werte sind sperrig aber sie leuchten auch.
Das Projekt soll weiter fortgeführt werden, so dass am Ende insgesamt 30 Interviews Auskunft über
die vielfältigen Antwortmöglichkeiten auf die Frage nach der Bedeutung von Werten geben werden. |